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Published on Nov 18, 2021

8 Punkte, die in keiner KI-Strategie fehlen dürfen

In vielen Unternehmen starten zunehmend Aktivitäten, um künstliche Intelligenz (KI) in ersten „Proof of Concepts“ (PoC) und im Produktivbetrieb zu nutzen. Oftmals werden diese Einzelinitiativen von verschiedenen Abteilungen getrieben. Nicht selten wird auch an ähnlichen oder gar gleichen Themen im Unternehmen gearbeitet, ohne dass die jeweiligen Projektteams voneinander wissen.

Um diesen KI-Wildwuchs zu kanalisieren und auch auf eine strategisch wichtige Ebene im Unternehmen zu heben, ist es zwingend notwendig, eine KI-Strategie zu entwickeln.

Doch welche Punkte gehören adressiert, wenn wir eine vollumfängliche KI-Strategie entwickeln wollen? Nachfolgend sind die essenziellen Inhalte, die unserer Meinung nach inkludiert sein sollten, aufgeführt.

 

Unternehmensstrategie

Bevor mit einer KI-Strategie gestartet werden kann, muss eine klare Unternehmensstrategie vorhanden sein. Ist diese schon 2-3 Jahre alt, sollte sie erneut geprüft und kritisch hinterfragt werden, um sie gegebenenfalls zu aktualisieren. Denn diese bildet die Basis für das gesamte unternehmerische Handeln, inklusive der Initiativen hinsichtlich künstlicher Intelligenz.

 

Strategisch wichtige Use Cases

Nur wenn eine aktuelle Unternehmensstrategie vorhanden ist, lassen sich die zentralen Ziele und strategisch wichtigen Anwendungsfälle für den Einsatz von KI identifizieren und beschreiben. Werden Sie sich auch klar darüber, welchen Beitrag KI zu Ihren Unternehmenszielen leistet – geht es etwa um die Optimierung Ihrer Prozesse oder um die Einführung eines innovativen Produkts.

Wählen Sie im ersten Schritt 3 – 5 Use Cases aus. Mehr sind in der Regel nicht sinnvoll. Sie müssen sich am Anfang Ihrer Reise zur Künstlichen Intelligenz fokussieren.

Um die ersten Use Cases auszuwählen, können Sie folgende Punkte zur Bewertung heranziehen:

  • Kundenutzen
  • Leuchtturmcharakter (für internes und externes Marketing)
  • Return on Investment (ROI)

 

Daten-Strategie

Ohne Daten keine künstliche Intelligenz. Daher sollten Sie sich in diesem Schritt folgende Fragen stellen:

  • Welche Daten benötigen wir für unsere Use Cases?
  • Welche Daten haben wir?
  • Welche Datenquellen haben wir?
  • Haben wir die richtigen Daten?
  • Haben wir genug Daten?
  • Welche Daten fehlen uns?
  • Wie können wir benötigte Daten gewinnen?
  • Wie speichern wir die Daten?
  • Wer benötigt Zugriff auf die Daten?

Sie sollten diese Informationen und Ihre Datenströme unbedingt visualisieren. So bekommen Sie eine vollumfängliche Übersicht über Ihre Datenlandschaft.

Ein Beispiel für eine Visualisierung kann hier die Radar- oder Matrix-Darstellung sein.ai-strategy-radar

 

Unternehmenskultur und Fähigkeiten der Mitarbeiter

Neben den Daten sind die Mitarbeiter von essenzieller Bedeutung, um KI-Projekte umzusetzen.

  • Haben Sie vielleicht schon erste Mitarbeiter in Ihren Reihen, die bereits Erfahrung mit Data Science oder Machine Learning haben?
  • Benötigen Sie neue Rollen in Ihrer Organisation?
  • Benötigen Sie neue Mitarbeiter?
  • Wie können Sie Ihr vorhandenes Team weiterbilden?
  • Wie ist die Akzeptanz der Fachexperten aus den einzelnen Abteilungen? Diese wird zwingend benötigt, um eine reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten.
  • Benötigen Sie Expertise von außen, um ihr Team in Hinblick auf KI zu verstärken oder zusätzliches Wissen einzubringen?

Eine kulturelle Änderung in einem Unternehmen wird nicht von heute auf Morgen mit der gesamten Belegschaft gelingen, da KI-Systeme oft auf geringe Akzeptanz in Belegschaften stoßen. Der Schlüssel liegt darin, einen Teil des Unternehmens zu finden, mit dem man am schnellsten und effizientesten beginnen kann, der aber auch groß genug ist, um die Kettenreaktion im Unternehmen in Gang zu setzen.

Eine Herangehensweise in 5 Schritten finden Sie im Artikel: Wie man künstliche Intelligenz effizient skaliert – Ein Framework für Führungskräfte

 

Technologie und Infrastruktur

Definieren Sie klar, welche Technologien Sie bei sich im Unternehmen einsetzen wollen und welche nicht. In der Regel ergeben sich die Technologien aus den oben definierten Use Cases. Computer Vision oder Natural Language Processing, um hier zwei Beispiele zu nennen. Wichtig ist auch, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen die jeweiligen Technologien zum Einsatz kommen. Bei Computer Vision kann es eine Vorgabe sein, dass Personen, die erkannt werden, sofort unkenntlich gemacht werden, um keine Persönlichkeitsrechte zu verletzen.

Erfinden Sie das Rad nicht neu! Open Source Frameworks sowie Transfer Learning aufbauend auf offen verfügbaren Modellen sind unverzichtbar, um Machine Learning Lösungen effizient zu entwickeln. Ist eine Verarbeitung der Daten in der Cloud möglich, bieten auch die Hyperscaler eine Vielzahl an Services an, um schnell zum Ziel zu kommen.

Vergleichen Sie die unterschiedlichen Dienste anhand einer Matrix, um die ideale Lösung für Ihren Use Case zu finden. Sie können die KI-Komponenten zum Beispiel folgenden Gesichtspunkten bewerten:

  • Aufgaben/Use Case
  • Skalierbarkeit
  • On premise vs. Public Cloud
  • Kosten
  • Training mit individuellen Daten
  • Ready-to-use-Services

Unter Umständen sind noch weitere Punkte in Ihrer Organisation zu bewerten.

 

Rechtliche und ethische Fragen und Voreingenommenheit

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz wirft auch immer die Fragen nach der ethischen und moralischen Vertretbarkeit auf. Diese muss beim Einsatz unbedingt gegeben sein. Stellen Sie sich hierfür folgende Fragen:

  • Wie schützen wir die Privatsphäre von Personen und personenbezogenen Daten?
  • Wie stellen wir sicher, dass die KI in ihren Entscheidungen nicht befangen ist und niemanden benachteiligt?
  • Gibt es rechtliche Einschränkungen bei unseren Use Cases?
  • Benötigen wir die Zustimmung zur Datenerhebung? Wenn ja, von wem und welche genau?
  • Vermeiden Sie die Voreingenommenheit bei KI durch voreingenommene Daten oder durch unbewusste gesellschaftliche Vorurteile, die die Daten(-Auswahl) beeinflussen.

 

Implementierung

Bevor es mit der Umsetzung los geht, sollten Sie vollumfänglich den Status Quo in Ihrem Unternehmen analysieren bzw. aus den vorangegangenen Themenblöcken zusammenfassen und bewerten:

  • Welche KI-Projekte und -Initiativen laufen bereits?
  • Welche Daten sind in welcher Form vorhanden?
  • Haben wir qualifizierte Mitarbeiter?
  • Beherrschen wir die benötigten Technologien?

Danach gleichen Sie den Status Quo mit Ihrer Vision ab und haben so ein klares Bild davon, was Ihnen auf dem Weg zur Erreichung des Zielbilds fehlt (Gap Analysis).

Um diese Lücken zu schließen, planen Sie in Ihrer Roadmap dementsprechende Aktionen ein. Ergänzt wird die Roadmap mit den ersten Use Cases und deren Grobplanung.

 

Veränderungsmanagement

Ein Implementierungsplan kann noch so gut sein, wenn die Mitarbeiter das große Ziel nicht verstehen, wird der Plan scheitern. Es ist somit sehr wichtig, alle Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen, nicht nur die, die direkt betroffen sind. Auch mit denen die (vorerst) nicht betroffen sind, muss proaktiv kommuniziert werden. Gerade Ängste, Befürchtungen und Vorbehalte bezüglich moralischer Themen und möglicher Jobverluste sollten explizit berücksichtigt und im Vorfeld diskutiert werden.

Aber auch in Richtung der Auftraggeber, in der Regel das Management oder der Aufsichtsrat, muss proaktiv kommuniziert werden. Sind Erwartungen klar kommuniziert und realistische Ziele klar beschrieben? Die Erfahrung zeigt, dass vom Topmanagement oft ein sehr schneller Erfolg erwartet wird, der nur sehr selten mit KI-Initiativen erreicht werden kann. In der Regel dauern diese Projekte länger als vermutet, da in sehr vielen Unternehmen Grundlagenarbeit im Sinne der hier adressierten Punkte erfolgen muss. Zudem ist ein KI-System, das tief in die Prozesse des Unternehmens eingreift, weniger ein Softwarebeschaffungs- sondern viel mehr ein Reflexions- und Lernprozess über das eigene Unternehmen.

 

Fazit

Wir bei Cloudflight sind Freunde von der agilen Arbeitsweise, auch bei den strategischen Themen. Das heißt, man beginnt mit den strategischen Überlegungen und entwickelt parallel 1-2 PoCs.

Hiermit können die Hypothesen der Strategieentwicklung belegt oder widerlegt werden. Des Weiteren sind die Quick Wins wichtig, um Stakeholder abzuholen und Risiken zu minimieren.

Nur die Kombination aus schnellen und skalierbaren PoCs zusammen mit einer klaren übergeordneten Strategie bringt den nachhaltigen Erfolg in Ihre KI-Initiativen.