Expert Views

Published on Mar 31, 2021

Grenzen und Chancen digitaler Kommunikationsassistenten

Was können ChatBots und Sprachassistenten wirklich?

Eine schöne Vorstellung, wie digitale Kommunikationsassistenten uns im Alltag unterstützen könnten zeigte Google schon 2018. Leider ist die Nutzererfahrung mit ChatBots, Sprachassistenten und dergleichen oftmals sehr weit von dieser Demonstration entfernt. Repetitive, einsilbige Antworten im Chat, ein “Da kann ich dir leider nicht helfen” von Siri oder Alexa – wer kennt diese Szenarien nicht?

Um zukünftig bessere sprach- und textbasierte Assistenzsysteme installieren zu können, bedarf es einiger Annahmen und Voraussetzungen, aber auch die natürlichen Grenzen dieser Systeme sollten bekannt sein. Genau diese Themen und mögliche Chancen für digitale Assistenten behandeln wir in diesem Expert View.

 

Was sind digitale Kommunikationsassistenten?

Wenn wir über digitale Kommunikationsassistenten sprechen, meinen wir damit sowohl auf Text als auch auf Sprache basierte Systeme, wie folgend dargestellt:

  • ChatBots auf Webseiten oder in Messengern wie Slack und WhatsApp.
  • Voice Interfaces oder Sprachassistenten wie Alexa und Siri, aber auch Assistenzsysteme die ich durch das klassische Telefon erreiche und beispielsweise in einem Callcenter zum Einsatz kommen.
  • Intelligente Systeme, die eingehende Nachrichten, E-Mails etc. sortieren, beantworten und weiterleiten, die etwa beim Kundensupport eingesetzt werden.

 

Grenzen digitaler Kommunikationsassistenten

Digitale Assistenzsysteme können in der Regel weniger, als man im Vorfeld vermutet. Daher ist es enorm wichtig, sich über die Grenzen bewusst zu sein, um keine Enttäuschung bei deren Einsatz zu erleben. Wichtige Grenzen sind folgende:

  • Akzeptanz – Bots werden oft nicht akzeptiert, da die viele Menschen sich durch sie nicht wertgeschätzt fühlen. Außerdem spielen vergangene negative Erfahrungen eine große Rolle. Hat man einmal eine sehr schlechte Nutzererfahrung mit einem ChatBot oder Sprachassistenten gehabt, ist man diesen gegenüber zukünftig weniger aufgeschlossen.
  • Entscheidungsfindung – Digitale Assistenten wissen nicht was gut oder schlecht ist. Sie können somit nicht verschiedene Argumente einordnen und auf dessen Basis Entscheidungen treffen. Sie können nur die Antworten wiedergeben, mit denen sie vorher trainiert wurden.
  • Empathie – Bots können sich nicht in den Kunden hinein fühlen. Sie merken nicht, wenn ein Mensch sauer oder traurig ist. Sie geben die Antworten einfach unemotional weiter. Daher sind sie sehr gut darin Zahlen, Daten, Fakten als Antworten zu liefern. KI Assistenten können nicht erkennen, wenn jemand die Antwort nicht versteht, um dann zu versuchen, es auf eine andere Art zu erklären. Sie würden in diesem Fall immer wieder die gleiche Antwort geben.
  • Kontext – Aktuell können die meisten Assistenzsysteme keine Zusammenhänge von vorangegangen Fragen und Antworten erkennen. Sobald eine Frage des Users beantwortet ist, startet der Assistent bei null, so als ob es die vorherige Frage nie gegeben hätte. Ein Assistent merkt sich diese (noch) nicht.

 

Voraussetzungen für die Umsetzung digitaler Kommunikationsassistenten

Um überhaupt mit der Entwicklung eines Chatbots oder Sprachassistenten starten zu können, bedarf es einiger Voraussetzungen, an die Im Vorfeld oftmals nicht gedacht wird. Daher gibt es nachfolgend einen Überblick über die wichtigsten Punkte.

  • Was will der User wirklich? – Zunächst einmal muss man herausfinden, warum ein User Kontakt aufnehmen will. Ist es eine Beratung im Vorfeld? Sind es Supportanfragen, vielleicht sogar zu immer einer bestimmten Sache? Diese Einordnung ist sehr wichtig und sollte direkt als erstes vorgenommen werden, um ein Gefühl für die Erwartungen zu bekommen. Auch lässt sich hier eine Verteilung sehen, zu welchen Themen häufig Anfragen eintreffen und zu welchen eher selten. Idealerweise findet man heraus, dass es zu einem Themenkomplex eine sehr hohe Nachfrage gibt. Mit diesen Themen sollte man dann bei der Entwicklung des digitalen Helfers starten.
  • Komplexe Dialoge – Zu Beginn der Entwicklung eines ChatBots oder Sprachassistenten ist man sich in der Regel gar nicht bewusst, welche komplexen Dialoge entstehen können. Es gibt zig Abzweigungen, Antwortoptionen, Schleifen etc. Dies gilt es aufzuarbeiten und zu designen. Hat man im ersten Schritt die Erwartungen der User klar benannt, geht es hier mit der Journey durch den gesamten Dialog weiter. Klingt im ersten Augenblick sehr einfach, kann sich aber je nach Anfrage als sehr umfangreich erweisen. Es gilt einiges an Arbeit in diese Phase zu stecken, da sie die Grundlage für alles Weitere ist. Lieber eine Iteration mehr, als eine zu wenig.
  • Content ist wichtiger als die Technologie – Im technologiegetrieben Umfeld der künstlichen Intelligenz wird dieser Punkt oftmals vernachlässigt, dabei ist er mit der wichtigste Punkt, wenn es um einen guten ChatBot geht. Ohne gute Inhalte und Antworten auf bestimmte Fragen, kann selbst die beste KI nur mit einem Fragezeichen Antworten. Daher ist es von großer Bedeutung, dass im Vorfeld eine Content-Library erstellt wird, in der alle möglichen Dialoge abgebildet sind und mit entsprechenden Inhalten hinterlegt werden. Basis hierfür ist die Dialogübersicht des vorherigen Schritts. Einen Vorteil haben die Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter Gesprächsleitfäden vorbereitet haben. In der Regel sind diese eine sehr gute Grundlage für die Bots.
  • Flexible Datenverbindungen – Sehr viel Content und komplexe Dialoge erfordern sehr flexible Datenverbindungen. Durch die Entwicklung und Pflege von Knowledge Graphs werden die komplexen Daten miteinander in Verbindung gebracht und die Bots können sich so neues Wissen aneignen.

 

Aktuelle Use Cases für digitale Kommunikationsassistenten

Nachfolgend haben wir ein paar Beispiele herausgegriffen, bei denen intelligente Assistenten zum Einsatz kommen. Diese Auflistung hat natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, den Fantasien sind (fast) keine Grenzen gesetzt.

  • Vollautomatisiertes Callcenter und Kundenumfragen
    • Callcenter Automatisierung – Durch die Umwandlung von Fragebögen in menschlich wirkende Dialoge und automatisierten Anrufen lassen sich die Antworten der Kundenfeedbacks strukturiert erfassen.
    • Reduktion von Anrufen durch Servicewerkstätten – Durch den Umstieg der Kundenzufriedenheitsumfragen von Anrufen auf SMS, Messenger oder E-Mail lassen sich solche repetitiven Aufgaben automatisieren.
  • 24/7 Support & Service für Ihre Kunden
    • Tipps und Support bei Zoey – Zoeys Mix aus ChatBot und menschlicher Interaktion sorgt dafür, dass Reisende schneller an ihr Ziel kommen und sich voll und ganz den Urlaub auskosten können, da sie durch den Assistenten auf ihrem Smartphone unterstützt werden.
    • 24/7 Shopping und Typberatung durch integrierten ChatBot auf einem Fashion-eCommerce-Store – Auf Grundlage einiger Präferenzen, die man als Kundin eingibt, schlägt der Bot eine Reihe von Kleidungsstücken vor, lernt aber auch aus den abgelehnten Produkten und verbessert so iterativ seine Vorschläge.
  • Mitarbeiter werden produktiver durch digitale Assistenten
    • Digitale Assistenten für Mitarbeiter – ChatBots, die in die Kommunikationskanäle (Slack, Teams oder andere Chatsysteme) eines Unternehmens integriert sind, können unproduktive Aufgaben den Mitarbeitern abnehmen. Angefangen von der Buchung eines Meetingraums, über die Koordination der Meetingteilnehmer bis hin zur Parkplatzreservierung.
    • FAQs und interne Kommunikation – Auch gibt es ChatBots, die als Mitarbeiter-Informationssystem dienen. Sowohl für die Verteilung interner Mitteilungen, als auch als Assistenz bei der Beantwortung von häufig gestellten Fragen (FAQ) können diese Bots einen erheblichen Teil der menschlichen Arbeit abnehmen.

 

Chancen digitaler Kommunikationsassistenten

Neben all den Limitierungen und Voraussetzungen bieten digitale Assistenten aber ein enormes Potential in der Zukunft:

  • Analyse & Reporting – Die Bots sind eine hervorragende Datenquelle für Benutzerinteraktionen und Bedürfnisse, also sollten sie auch dementsprechend genutzt und ausgewertet werden. Zum einen um den Algorithmus stetig zu verbessern, zum anderen um seine Kunden und deren Wünsche besser kennen zu lernen.
  • Skalierung von repetitiven Aufgaben – Standard Aufgaben und Fragen können und sollten von digitalen Assistenten übernommen werden. Sobald es aber komplexer und persönlicher wird, muss es einen nahtlosen Übergang hin zu einem Menschen geben, der die Konversation übernimmt. Dieser kann dann sehr gezielt auf die Bedürfnisse der Nutzer*innen eingehen.
  • Voicification – Die Sprache ist nach der Tastatur, der Maus und dem Finger das nächste Interface bei der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Mittlerweile ist die Technologie schon so weit, dass sie uns Menschen schon sehr gut verstehen kann. Im nächsten Schritt gilt es, geeignete Use Cases zu finden, die durch diese Schnittstelle die Interaktion für uns Menschen einfacher machen.
  • Kontext is King – Damit ChatBots einen mehr und mehr menschlichen Charakter bekommen, ist es in Zukunft sehr wichtig, dass sie Zusammenhänge erkennen und nicht nur jede Frage in sich abgeschlossen sehen. Auf die Frage, wo morgen mein Termin stattfindet, bekomme ich eine Adresse als Antwort. Stellt man dann die Frage, wie dort das Wetter wird, steigen nahezu alle Assistenten, die aktuell verfügbar sind, schon aus, da sie den Ort wieder vergessen haben. Das wird sich in Zukunft drastisch ändern.

Haben Sie sich schon Gedanken zu möglichen Einsatzgebieten bei Ihnen im Unternehmen gemacht? Haben Sie beim Lesen schon erste Ideen bekommen? Oder sind Sie der Vielzahl an Möglichkeiten gerade überfrachtet mit Informationen? Egal wo Sie stehen, wir unterstützen Sie sehr gerne bei Ihrer Entscheidungsfindung und Umsetzung bezüglich digitaler Assistenzsysteme.

Kontaktieren Sie uns sehr gerne oder Informieren Sie sich im Vorfeld noch weiter, gerade auch zum Thema Return on Invest bei digitalen Kommunikationsassistenten. Denn um gute ChatBots zum Leben zu erwecken bedarf es einer gewissen Investition, dem sollten Sie sich bewusst sein. Neben der Entwicklung der Dialogmuster und dem Training der künstlichen Assistenz muss gegebenenfalls noch Aufwand in die Erstellungs des Contents gesteckt werden. Um Ihnen einen Anhaltspunkt zu geben haben wir für mehrere Use Cases exemplarisch Return on Invest-Rechnungen durchgeführt. Diese veröffentlichen wir in Kürze. Sie können sich hier dafür registrieren, um eine Benachrichtigung zu erhalten, sobald diese verfügbar sind.