Tech Updates

Published on Jul 01, 2014

Co-Location – Die Hidden Champions im Cloud-Business

Es wird viel diskutiert über die Standorte von Cloud Service Providern und deren Rechenzentren. Über diejenigen Anbieter, die RZ-Infrastruktur und Connectivity bereitstellen wird dagegen wenig gesprochen. Dabei sind die sogenannten Co-Lo-Provider längst ein elementarer Standortfaktor. Doch welche Strategien verfolgen eShelter, Equinix, Interxion und Co. in Deutschland? Und welche Relevanz hat Co-Location für die Cloud-Planungen der CIOs großer Unternehmen?

Langfristige Investitionen erfordern langfristige Planbarkeit. Nimmt man die Investitionen bzw. den Flächenausbau der Co-Location Provider in Europa und speziell Deutschland als Gradmesser, haben wir den großen Teil des Cloud-Hypes wohl noch vor uns. So haben Equinix, Interxion, eShelter & Co. ihre Rechenzentrumskapazitäten in den letzten 24 Monaten um rund 25% ausgebaut. Derzeit stehen über 120.000qm an reservierter Fläche für den weiteren Ausbau an Rechenzentrumsfläche in Deutschland bereit. Und das trotz hoher Stromkosten und steigender Immobilienpreise. Der Trend hin zur Auslagerung von IT-Infrastruktur in externe Lokationen und Cloud Computing haben den Co-Location Providern eine Sonderkondition beschert. Da aber allein der Betrieb von Rechenzentrumsfläche („immer Strom, immer sicher, immer kühl“) langfristig nur wenig Differenzierungsmerkmale bietet, arbeiten die führenden Co-Location Provider an der Weiterentwicklung ihres Dienstleistungsportfolios hin zum Cloud Platform-Anbieter. Welche Möglichkeiten dies für CIOs und Cloud Service Provider bietet, soll im Folgenden diskutiert werden.

Co-Location – Schneller Aufstieg einer kapitalintensiven Branche

Die Mehrheit der heutigen Co-Location und Housing Provider hat ihren Ursprung Ende der 90er Jahre. In Zeiten des Internet-Booms waren seitens der Internetfirmen neue Rechenzentrumsstandorte und Peering Points gefragt, um die eigenen Dienste schnell zu den Anwendern zu bringen, ohne eigene Rechenzentren bauen und betreiben zu müssen. Die Co-Location Provider erfüllen dabei zwei grundlegende ökonomische Funktionen:

  • Sie reduzieren das Investitionsrisiko für Service Provider und Unternehmensanwender und schaffen zudem Knotenpunkte („Hubs“) für den Datenaustausch zwischen den Teilnehmern. Somit lassen sich gegenüber dem Aufbau, Anbindung und Betrieb eigener Rechenzentren am Unternehmensstandort die Verbindungskosten und Latenzen meist deutlich reduzieren.
  • Zudem schafft das Netzwerk an Co-Location-Standorten der verschiedenen Anbieter ein vollkommen neues Niveau an Flexibilität für den Aufbau an IT-Infrastrukturen. Um nah am Kunden zu sein, müssen Unternehmen oder Service Provider keine eigenen Rechenzentren mehr bauen oder ihre IT-Infrastrukturen in die Hände eines Managed Service Providers übergeben. Sie können diese relativ einfach bei einem Co-Location Provider „einchecken“ und dann je nach Wunsch selbst betreiben oder betreiben lassen.

Co-Location – Heimliche Gewinner im Cloud Make-or-Buy-Spiel

In den letzten 5 Jahren haben die Co-Location Provider von zwei Trends maßgeblich profitiert. So bauen einerseits große Anwenderunternehmen ihre Infrastrukturen für Back-Up und Recovery nicht mehr in eigenen Rechenzentren, sondern vermehrt in Co-Location-Standorten auf. Andererseits scheuen viele Cloud Service Provider den Aufbau eigener Rechenzentren, da die Nachfrage der letzten Jahre die Kapital- und Betriebskosten noch nicht deckte. Selbst viele der „großen“ Cloud Service Provider wie Microsoft, Amazon oder Google setzen in Europa auf das Co-Location-Modell, um ohne hohe Kapitalbindung ihre Infrastrukturen skalieren und der Nachfrage anpassen zu können. Für ausländische Provider stellen die Co-Location-Standorte den infrastrukturseitigen „Brückenkopf“ in Deutschland dar.

Das freut auch die Investoren. So haben die meisten Co-Location-Provider in Europa keine Probleme die teils immensen Investitionen in Flächen, Erschließung und Rechenzentrumsbau zu stemmen. So wurden allein im Jahr 2013 über 200 Millionen Euro in neue Co-Location Standorte in Deutschland investiert. Die bewirtschaftete Gesamtfläche beträgt derzeit rund 420.000 qm. Auch wenn hohe Stromkosten den Standort Deutschland gegenüber anderen europäischen Standorten benachteiligen, so geht Crisp Research auch in den kommenden Jahren vom einem kontinuierlichen Umsatzwachstum von 8-12% aus. Dieses Wachstum wird getragen vom generellen Outsourcing- und Cloud-Trend sowie der Tatsache, dass immer mehr ausländische Provider lernen, dass deutsche Mittelstands- und Großkunden gerne aus deutschen Rechenzentrumsstandorten beliefert werden wollen. Hinzu kommt, dass für die performante Auslieferung breitbandiger Inhalte Rechenzentrumsstandorte an kundennahen Knotenpunkten teils unausweichlich sind.

Vom Rack-Hotel zum Cloud-Hub – Wettbewerbsstrategien der Co-Location Provider

Innerhalb der letzten Jahre hat sich das Co-Location Geschäft deutlich weiterentwickelt. Aus dem relativ vorhersagbaren „Vermietungsgeschäft“ (RZ bauen – Fläche vermieten) ist ein Rennen um den Aufbau dynamischer Ökosysteme geworden. Denn längst liegt der Wert eines Co-Location Providers nicht mehr nur im Preis pro Megawatt bzw. Fläche. Viel entscheidender ist für viele Kunden mittlerweile, mit welchen anderen Partnern oder Service Providern man sich in den jeweiligen Rechenzentrumsstandorten und Netzen verbinden kann. In einer Welt der hybriden Cloud- und IT-Umgebungen spielt die Nähe (Stichwort Latenz) und Connectivity zu anderen Providern eine wesentliche Rolle. So bieten ausgewählte Co-Location Provider wie z.B. Equinix, eShelter oder Interxion direkte Netzwerkverbindungen im Bereich von 100 GBit/s mit Cloud Access-Partner wie z.B. eunetworks aus ihren deutschen RZ-Standorten in die Cloud-Rechenzentren von Amazon AWS in Irland. So können Anwenderunternehmen sichere und breitbandige Verbindungen auch mit Public Clouds aufbauen, die vorher nur über eine einfache Internetverbindung erreichbar waren. Dies schafft neue Möglichkeiten und bringt auch die Cloud Service Provider in den lokalen Hubs Frankfurt, München und Köln/Düsseldorf näher zusammen.

Um in den kommenden Jahren ein möglichst breites Portfolio an Peering-Partnerschaften und neuen Connectivity- und Plattform-Services anbieten zu können, liefern sich die unterschiedlichen Provider derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die interessantesten Partner und pfiffigsten Hub-Konzepte. So bietet Interxion den Partnern seines „Cloud Hubs“ und potenziellen Kunden auch komplette „Cloud Test Labs“ an, die aus Proof-of-Concept-Umgebungen bereitstellen, die in den Rechenzentren getestet und mit den eigenen Anforderungen abgeglichen werden können. Equinix hat sein Ecosystem kürzlich um einen Marktplatz erweitert hat, auf dem Nutzer Cloud-Services auswählen können, die Teil des Equinix-Netzwerkes sind.

CoLos Deutschland

Für Anwender wirkt sich positiv aus, dass die Co-Location Provider trotz des intensiven Wettbewerbs einerseits, untereinander kooperieren und ihre Infrastrukturen und Standorte miteinander vernetzen. So verbindet eunetworks im Rahmen des Projektes „Frankfurt DC Direct Connect“ derzeit schon 10 Rechenzentren von 4 Co-Location Providern im Raum Frankfurt in einem sicheren und hochperformanten Netz (4-16G Fibre Channel und 10-100G Ethernet) mit direktem Zugang zum DE-CIX – dem weltweit größten Internetknoten. An der Umsetzung dieses kundenorientierten Kooperationsmodells hat vor allem der Verband „Digitalhub Frankfurt RheinMain e.V.“ einen großen Beitrag. Er bringt die Infrastruktur-Anbieter an einem Tisch und setzt sich für bessere Rahmenbedingungen zum Bau und Betrieb von Rechenzentren in Deutschland ein. Dies ist angesichts der ambitionierten Ziele der Bundesregierung im Rahmen ihrer „Digitalen Agenda“ auch bitter nötig. Denn trotz aller Sonntagsreden verkennt die Politik derzeit noch die langfristigen Auswirkungen der Ansiedlung bzw. Abwanderung von Rechenzentren. So ist vielen politischen Entscheidungsträgern noch nicht bewusst, dass Datenschutz, Wertschöpfung und Besteuerung in der digitalen Wirtschaft elementar mit dem Standort der Rechenzentren verknüpft sind.

Ausblick – Vorbereitung auf Openstack, SDN und DevOps

Auch wenn die Vorzeichen für die Co-Location Provider auf Wachstum stehen, gilt es einer Reihe von Herausforderungen zu begegnen. So sollten die Anliegen der Branche in Berlin mehr Gehör finden. Auch die Umsetzung der „Cloud-Hub“ und „Cloud-Ecosystem“-Strategien steht bei den meisten Co-Location Providern noch ganz am Anfang. Hinzu kommt, dass man sich mittel- und langfristig noch stärker in die Situation der CIOs und deren RZ-Leiter hineinversetzen muss. Deren Agenda wird in den kommenden 2 Jahren nicht nur von den Klassikern „Hybrid Cloud“ und Enterprise Mobility“ bestimmt. Hinzu werden neue Themen wie Openstack, SDN, Open Compute und DevOps treten, die die bestehenden IT-Betriebs- und Rechenzentrumskonzepte tüchtig durcheinander wirbeln werden.

Zitat vom Geschäftsführer eines Co-Location Providers zur Beschreibung des Geschäftsmodells